Ausstellung: Bernini

Gian Lorenzo Bernini: David (1623–24). Rom, Galleria Borghese. Foto: Lothar Ruttner

Gian Lorenzo Bernini – Meister der Bildhauerei, Meister des Barock. Beides scheint heute ohne Bernini undenkbar. Unser heutiges Bild vom barocken Rom wurde nachhaltigvon ihm geprägt, etwa mit der Piazza Navona in Rom, in dessen Zentrum sein imposanter Vierströmebrunnen steht. Eng verwoben sind Bernini und das Palazzo in der Villa Borghese, Sitz der heutigen Galleria Borghese. Als Papst Leo XI. 1605 überraschend starb, ging ganz unerwartet Camillo Borghese als neuer Papst Paul V. aus dem Konklave hervor. Sein Neffe, Kardinal Scipione Borghese, im Alter von 28 Jahren plötzlich im Zentrum der vatikanischen Macht, begann sogleich mit dem Aufbau seiner Antiken-Sammlung, deren Ort der neu erbaute Palazzo auf dem Pincio, inmitten der heutigen Villa Borghese, dem ausgedehnten Park nördlich des Zentrums, werden sollte. Nachdem dieser fertiggestellt war, beauftragte Kardinal Borghese 1619 Gian Lorenzo Bernini mit der Erschaffung von vier monumentalen Marmorgruppen zu Themen aus der Mythologie: Äneas und Anchises, der Raub der Proserpina, Apollo und Daphne und der David, Berninis Meisterwerk.

Ein Teil der Sammlung verschwand aus dem Palazzo – auf Druck Napoleons musste eine Menge Kunstwerke nach Frankreich verkauft werden – Berninis Marmorgruppen stehen aber heute noch in der Galleria Borghese, an jenem Ort, für den sie geschaffen wurden. Und sie alleine würden den Besuch des Museums schon rechtfertigen. So macht sein David, geschaffen in wohl nur sieben Monaten von 1623 bis 1624, noch heute staunen ob seiner Eleganz, seiner Virtuosität und diese Lebendigkeit, die Berninis Stil ausmacht. Wir sehen nicht einfach eine Repräsentation der bewegungslosen Figur des Mythos, sondern in dem für die Ewigkeit angehaltenen Moment, in dem David ausholt, um den tödlichen Stein an Goliaths Stirn zu schleudern, die ganze Geschichte. Man kann es kaum schöner ausdrücken, als es Marina Minozzi in ihrem Text im Ausstellungskatalog tut: „Die Spannung der Verdrehung von Davids Körper, die nach Entspannung drängt, und sein Tun, das die Anwesenheit des unsichtbaren Gegners miteinschließt, dehnt die Zeit und überwindet die physischen Einschränkungen, die der Marmor vorgibt.“ (Übersetzung des Autors). Bernini befindet sich hier genau an der Schwelle zwischen Idee und Verkörperung und formuliert damit vielleicht das Wesen des Barock überhaupt.

Wie Bernini an diesem Punkt ankommen konnte, macht die Ausstellung der Galleria Borghese erfahrbar. Bereits 1997 eröffnete sie nach längerem Umbau mit einer groß angelegten Schau zum Werk Berninis. Nun, zwanzig Jahre später, stehen seine aus zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen zusammen getragenen Arbeiten wieder im Fokus. Und das ganz wörtlich: sie haben eine solche Leuchtkraft, dass die an Meisterwerken nicht gerade arme, und von der Ausstellung fast unberührte, permanente Sammlung des Museums daneben beinahe verblasst.

Zwar erlauben die Räumlichkeiten des Borghesischen Palazzos keine chronologische Anordnung der Ausstellungsstücke, doch lässt sich Berninis künstlerische Entwicklung an den gezeigten Objekten sehr gut ablesen. So finden sich neben Arbeiten von Berninis Vater Pietro, die den jungen Gian Lorenzo gewiss beeinflusst haben, Werke, in denen er als Assistent seines Vaters erste bildhauerische Schritte gehen durfte, über frühe eigenständige Arbeiten, etwa die bemerkenswerte Ziege Amalthea mit zwei Putti, die vor 1615 entstanden sein muss. Beeindruckend auch seine restauratorischen Arbeiten, etwa die eines schlafenden römischen Hermaphroditen, der nach dem Verkauf an Napoleon nun erstmals wieder an der Stelle zu sehen ist, wo er sich bis dahin befand. Bernini wurde seinerzeit beauftragt, für diese Statue eine neue Basis zu erarbeiten. Herausgekommen ist eine marmorne Matratze, so fein gearbeitet, so realistisch modelliert, dass man sich am liebsten selbst hineinlegen möchte, so weich wirken die Formen.

Ein ganzer Saal im zweiten Stock ist seinen Portraits gewidmet. Bestens vernetzt in klerikalen Schichten, wurde Bernini mit der Gestaltung zahlreicher Büsten von Kardinälen und Päpsten beauftragt, die lebensnäher kaum gearbeitet sein könnten. Im selben Raum werfen einige Arbeiten ein Schlaglicht auf seine weniger bekannten Arbeiten als Hobbymaler. Keine Meisterwerke, doch sticht darunter eine Darstellung des Heiligen Sebastians besonders heraus. Wobei erwähnt sein sollte, dass Berninis Autorschaft nicht bei allen gezeigten Gemälden eindeutig geklärt ist. Ein weiterer Saal hat zeigt sakrale Objekte: zwei monumentale Bronze-Kruzifixe aus dem Escorial und aus Toronto sind hier ebenso nebeneinander zu sehen, wie zwei Büsten des Erlösers, deren Bernini zugeschriebene Autorenschaft zu wissenschaftlichen Diskussionen geführt hat. Nicht zu vergessen sind zahlreiche kleinformatige Terrakotta-Modelle und -Studien für spätere Arbeiten, etwa den erwähnten Vierströmebrunnen in Rom, die den Schaffensprozess Berninis erkennbar machen.

Es ist eine durch und durch sehenswerte Ausstellung, über die sich im Grunde nur noch eines sagen lässt: Nicht verpassen!

 

Destination: Galleria Borghese

Bernini
Noch bis 4. Februar 2018
Galleria Borghese
Piazzale Scipione Borghese 5, 00197 Roma

Öffnungszeiten: Di–So 9–19 Uhr
Der Besuch ist jeweils in zweistündigen Zeitfenstern um 9, 11, 13, 15 und 17 Uhr möglich
Eintritt: 20€ (+2€ VVK-Gebühr, eine Reservierung ist obligatorisch)
galleriaborghese.beniculturali.it

 

Destination bereist im Dezember 2017

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